Sieben mal Metamorphose: Basisinformationen zu den Phulgay (Band V)
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Medshg-d’anadaabh Traditionelle Geburtssegnung der Phulgay |
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Anmerkung zu Beginn: Zentrale Termini dieses Kapitels werden durch den Begriff ergänzt, den die Phulgay selbst verwenden. Er findet sich in eckigen Klammern und folgt dem ins Deutsche übersetzten Wort. Der Begriff Phulgay beschreibt eine Gruppe von sieben Arten, deren gemeinsames Merkmal die angeborene Fähigkeit zur Gestaltänderung darstellt. Er umschließt pian-hooug, gehaal-daan, gehaal-dhnai, beaaghoo, dhijhnaaloon, sian'loogh und toaanumeoo. Trotz dieseser Vielfalt sind die Phulgay die bisher am wenigsten erforschte, höhere Lebensform Ayganyans, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie in vieler Hinsicht eine fantastische Randstellung einnehmen. Ihre Existenz besitzt die Ambivalenz eines hässlichen Gedichts, denn die ungemeine Poesie der Phulgaypräsenz scheint nahezu jedwede Form auszuhalten. Wandelbarkeit stellt den Kern ihrer Entwicklung dar, der sich im Sinne eines Spannungsmoments zudem als Gegenpol zu ihrer Trägheit verstehen lässt. Die äußere Erscheinung der Phulgayn rückt sie in die Nähe der temporären Biologie. Sie sind ihrer Wandelbarkeit nach metamorphe Lebensformen und stehen damit den Koolay nahe. Die Phulgayn verfügen jedoch weder über die Integrität, noch über die Konstanz des gestaltgebenden Geistes, der für die Koolay so bezeichnend ist. Sie besitzen jene dynamischen Kontrollkräfte nicht, die notwendig sind, um Reaktionen auf kommunikative Prozesse in äußere Erscheinungsformen umzuwandeln. Falsch wäre es jedoch, das Fehlen dieser Kontrolle als Mangel anzusehen, denn für ein durchschnittliches Phulgayindividuum hat die Frage, mit wem oder was es sich kurzzeitig konfrontiert sieht, schlicht keine formbestimmende Bedeutung. Paan-hooug, gehaal-daan, gehaal-dhnai, beaaghoo, dhijhnaaloon, sian'loogh und toaanumeoo messen zwischen umgerechnet etwa drei bis fünfzehn Meter in Länge oder Höhe. Ihre Körperformen sind fast vollständig variabel und hängen vom Lebensraum ab. Die bekannte Urform der Phulgayn, von der in den Büchern des letzten Krieges (zu finden im Geschichtsband) die Rede ist, ähnelte den irdischen Schildkröten, jedoch waren die Phulgaykörper offenbar wesentlich schmaler gebaut und damit wendiger. Ein großer Teil der derzeit existierenden Phulgay Population trägt schlangenähnliche Merkmale, ein weiterer großer Teil zeigt stark abstrakte Körperformen und hornähnliche Auswüchse an verschiedenen Körperstellen. Allen gemeinsam ist jedoch die Orientierung an der Symmetrie, die es den Individuen erleichtert, ihre metamorphe Physis zu kontrollieren, da nur etwa die Hälfte aller Zellinformationen von der ständigen Neuordnung betroffen ist. Alle bisher bekannten Phulgay Arten sind primär tagaktiv. Zwar erscheinen Phulgayn häufig ruhig und relativ träge, bewegungslos sind sie in der Regel jedoch nur dann, wenn sie kommunizieren. Diese Ruhe ist von Bedeutung, um anderen Individuen die Orientierung an der eigenen körperlichen Erscheinung zu erleichtern. In Situationen des Austauschs mit Anderen ereignen sich die Anpassungsprozesse der Phulgayn auf eine äußerst empfindliche Art und Weise, da der Angleichungsprozess durch Differenzen im kommunikativen Bereich behindert werden kann. Selbst während der Nachtruhe bewegen sich ihre Körper daher in ständiger sensueller Verbindung mit ihrer Umgebung.
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---------------- Die Ästhetik der Phulgay: Selbstnivellierung als Gemeinschaftsziel
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Du bist schön, wenn du nicht zu erkennen bist.
M’goound’eoim
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Wesentlich für die äußere Form ist die jeweilige Lebensgemeinschaft [d’ughwaa], die, entgegen früherer Zweifel, den Hauptbezugspunkt der Phulgay darstellt. Konsequent ist daher nur, dass sie, so meine Erfahrung, die am wenigsten kommunikative Lebensform sind, wobei sich diese Verschlossenheit jedoch ausschließlich auf den Austausch mit der Außenwelt [uz’doo’naa] bezieht. Mit dem Begriff uz’doo’naa bezeichnen die Phulgay dabei jedes Lebewesen, das sich seinerseits selbst nicht als Phulgay bezeichnet. Auf die eigene Gemeinschaft bezogen stellt sich die Kontaktbereitschaft der Phulgay jedoch völlig anders dar. Die Scheu und Verschlossenheit hört dort auf, wo es um die notwendige Anpassung der Einzelnen an die Gemeinschaftsform geht. |
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Im übrigen tritt dieser Effekt auch dann ein, wenn sich die Phulgaygemeinschaften mit den Belangen der Großen Gemeinschaft [u’ua] (1) beschäftigen, die sie als ebenso lebensnotwendig ansehen wie ihre eigene Gruppe. Institutionen wie etwa das Ewige Treffen [ognuee da’lhiuoo] belegen, dass der Austausch der Phulgayvölker untereinander, ebenso wie der Kontakt mit anderen Lebensformen, bisweilen sehr rege und sogar extrem langwierig ausfallen kann. Die einzelnen Individuen sind jedoch, soweit sich dies verallgemeinern lässt, bemüht, unter ihresgleichen zu verweilen und die Gemeinschaft der eigenen Gruppe nur dann zu verlassen, wenn es um die oben angesprochenen zentralen Entscheidungen geht, die die Gemeinschaft der Lebenswelt innerhalb des Projekts übergreifend und elementar betreffen, so wie es z. B. die Entscheidung über Regelungen, die die Zuständigkeiten des Rates [na-uu] betreffen, tut. Dieses insgesamt tendenziell eher isolative Verhalten ist jedoch keineswegs im Sinne einer feindlichen Einstellung gegenüber dem uz’doo’naa zu verstehen, sondern entspringt der Notwendigkeit, die Entwicklung des eigenen Körpers an der Gemeinschaft zu orientieren, denn entgegen anderer geäußerter Vermutungen sind Phulgayn keineswegs in der Lage, ihre Gestalt über den Geist zu kontrollieren. Anders als bei den geisthaften und meditativen Koolay benötigen alle Phulgayvölker die sinnliche Erfahrung ihrer Umgebung, um ihre organische Entwicklung an das formende Feld ihrer Gruppe anzupassen. |
Die Abbildungen zeigen Ausschnitte aus der Haut eines toaa-numeoo (ganz oben) sowie der eines pian-hooug (oben). |
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Gemeinsam sind allen Phulgayn daher die an Eidechsen erinnernden Hautstrukturen, die neben den Formrezeptoren auch die wesentliche Sinnessorgane enthalten. Die äußerst sensiblen Kontaktorgane der Phulgayhaut fungieren dabei als Sensoren, die die Informationen ihrer direkten Umgebung unmittelbar an die formbildenden Körperzentren weitergeben können. Insofern lassen sich ihre Transformationsprozesse ansatzweise mit denen eines extrem verlangsamten und flexiblen, irdischen Chamäleons vergleichen, dessen belebte Umgebung mimetische Transformationsprozesse auslöst. Die mimetischen Prozesse verlaufen jedoch innerhalb von Zeiträumen, die, auf irdische Maßstäbe übertragen, in etwa der Dauer der menschlichen Adoleszenzphase entsprechen. Das starke Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit ist bei genauer Betrachtung noch deutlicher ausgeprägt als das aller anderen Ayganyier. Es zeigt sich jedoch nicht in der strukturell sozialen Ausrichtung der Ayganyay, der arbeitsteiligen, auf komplexe Tätigkeiten hin bezogenen Lebensweise der Tsippin, noch präsentiert es sich wie die geisthafte, meditative Verbundenheit der Koolay. Die Ge-meinsamkeit der Phulgay äußert sich in dem Drang nach ähnlicher formaler Erscheinung. Es ist ein tiefes Bedürfnis jedes einzelnen Phulgay, sich dem Aussehen seiner Gemeinschaft mimetisch anzupassen. Der Schönheitsbegriff der Phulgayn sind in diesem Sinne seit jeher an den Begriff der Ähnlichkeit gebunden, und das äußere Ideal der Phulgaywelt ist die Nichtunterscheidbarkeit, die völlige optische Übereinstimmung mit den Individuen der eigenen Gruppe. Aus diesem Grund suchen die Individuen die physische Anwesenheit der Gemeinschaft, da sie den Prozess der Anpassung erleichtert, indem sie Selektionsprozesse unnötig macht und die Wahrscheinlichkeit von Verwirrungen reduziert. In ihren Strukturen finden sich die geschichtlichen Narben Ayganyans (nähere Informationen dazu im Geschichtsband). Die biologische Notwendigkeit der Gruppe zeigt sich aber nicht allein in der Abgleichung der Mimesis. Die Befriedigung existenzieller körperlicher Bedürfnisse erfolgt nach einem ähnlichen Muster. Selten findet man beispielsweise Phulgayn, die sich allein ernähren. Ähnlich wie bei den Ayganyay besteht der Hauptanteil der Kalorien, die die Phulgay zu sich nehmen, aus den häufigen Grün-, Blau- und Rotalgen, die in und an den Meeren im Überfluss zur Verfügung stehen. Oftmals ziehen große Gruppen von bis zu dreißig oder vierzig Individuen durch ihre weiten Weidegebiete am Rande der Salzwassermoore und der feuchten Dünenländer.
Anmerkungen (1) Der Begriff Große Gemeinschaft bezieht dich auf die Gesamtheit aller Entscheidungsträger Ayganyans, namentlich aller Ayganyier, die im Rat von Thayloth vertreten sind. |
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